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Verarbeiteten die Maya ihre toten Könige zu Bällen?

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Darsteller bei einer historischen Ball- spiel-Vorführung in einem nachempfundenen Maya-Tempel in einem Themenpark in Mexiko Foto: © AFP/Getty Images
Ballspiele dienten bei den Maya als religiöse Zeremonie. Ein Forschungsteam entdeckte bei Ausgrabungen nun eine alte Ballmanufaktur mit 400 Gefäßen, gefüllt mit Kohle, Gummi, Wurzeln und menschlicher Asche

(Text: Angelika Franz)

Ballspiele waren bei den Maya eine ernste Angelegenheit. Sie dienten als religiöse Zeremonie, konnten über den Ausgang von Kriegen oder Leben und Tod von Kriegsgefangenen entscheiden. Entsprechend waren auch die Bälle keine gewöhnlichen Spielgeräte. Eine Ballmanufaktur entdeckte nun ein Ausgrabungsteam um Juan Yadeun Angulo vom mexikanischen Nationalen Institut für Anthropologie und Geschichte (INAH) in acht Meter Tiefe unter dem Sonnentempel von Toniná im Bundesstaat Chiapas. In einer Gruft befanden sich rund 400 Gefäße, gefüllt mit Kohle, Gummi, Wurzeln sowie menschlicher Asche. 

Um Naturkautschuk in geeignetes Material für Bälle umzuwandeln, braucht es Schwefel – und den konnte die Asche liefern. Bei den Verbrannten, vermutet Yadeun Angulo, handelt es sich um zwei Könige und eine Königin der Maya. Denn deren Namen stehen auf den Punktringen eines der beiden Ballspielplätze von Toniná: Wak Chan Káhk’, gestorben im Jahr 775 n. Chr., Aj Kololte’, gestorben im darauffolgenden Jahr, sowie Königin Káwiil Kaan, die bereits 722 n. Chr. das Zeitliche gesegnet hatte. Die drei seien 260 Tage nach ihrem Tod in die »Höhle des Todes« gebracht worden, heißt es in den Inschriften weiter, und dort »transformiert« worden. Der Zyklus von 260 Tagen, Tzolk’in genannt, hatte bei den Maya eine besondere Bedeutung, weil er der Zeitspanne entspricht, die eine Maispflanze von der Aussaat bis zur Ernte benötigt. 

Noch heute wird der sport unter dem namen »Ulama« oder »Pok-ta-Pok« betrieben

Die Gruft, in der die Gefäße aufbewahrt wurden, gehört zu einem Labyrinth aus Gewölben und Räumen, die tief im Inneren der Pyramide über Treppen verbunden sind. Dies könne, so die Ausgräber und Ausgräberinnen, der besagten »Höhle des Todes« entsprochen haben. Die Regeln für das mesoamerikanische Ballspiel variierten je nach Region und änderten sich mit der Zeit. Noch heute wird es – als Freizeitsport unter dem Namen »Ulama« oder »Pok-ta-Pok« und mit gewöhnlichen Gummibällen – von der indigenen Bevölkerung gespielt.

Der Artikel ist in P.M. Schneller Schlau erschienen.