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Waren die Ägypter die Ersten, die Mensch und Tier mumifizierten?

von
Human, Person, Clothing
Foto (C): Getty Images
Ob Mensch oder Tier: Millionen von einbalsamierten Leichnamen zeugen von der Kunst der alten Ägypter. Doch die ersten Menschen waren sie wohl nicht, die ihre Hinterbliebenen für die Ewigkeit vorbereiteten.
Sarah studierte Modejournalismus und Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem Weg zum Schreiben machte sie Halt bei Film und Fernsehen und im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, dem Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.

Sicherlich waren die Ägypter Meister der Mumifizierung und in keiner anderen Kultur hatte sie eine so zentrale religiöse und gesellschaftliche Bedeutung. Aber die Zivilisation am Nil war bei weitem nicht die einzige, die Mumifizierung betrieb – und weltweit auch nicht die erste. Diese Krone gebührt den Chinchorro, einem Jäger-und Sammlervolk an der Westküste Südamerikas, dass seine Leichen in der Wüste Atacama und im Hochgebirge bestattete.

Die älteste bisher gefundene Mumie datiert auf 5050 v. Chr. Bei den meisten Mumien handelt es sich um Kinder, Säuglinge und stillende Frauen. Der soziale Status scheint im Gegensatz zu den Ägyptern keinen Einfluss auf die Mumifizierungsqualität gehabt zu haben. Allerdings wurde im Laufe der Jahrhunderte die Technik verfeinert.

Selbstmumifizierung zur Meditation

Auch in Asien war Mumifizierung verbreitet – als Ziel einer buddhistischen Meditation. Mönche in Japan, Chia und Indien erhofften sich durch Selbstmumifizierung eine Art Vergöttlichung, die ihnen übermenschliche Kräfte verleiht. Die sie in eine Art Tiefschlaf versetzt, aus dem sie irgendwann in ferner Zukunft wieder erwachen würden.

Dazu unterzogen sich die Mönche einer extremen Hungerdiät, damit ihr Körper jegliches Fett verliert. Zudem entwässerten sie ihre Körper durch Brechreiz auslösende Getränke. Beide Maßnahmen sollten einem Befall durch Insekten und einer Verwesung entgegenwirken. Auf diese Weise präpariert, zogen sich die Mönche in Höhlen zurück, nur über ein Luftröhrchen und eine Glocke als Lebenszeichen mit der Außenwelt verbunden. Blieb der Glockenschlag aus, wurde die Mumienhöhle verschlossen. Diese tödliche Meditationspraxis war bis ins 12. Jahrhundert verbreitet. In Japan begab sich 1903 der letzte Mönch in die 1000 Tage dauernde Prozedur der Selbstmumifizierung.

Im europäischen Raum ist die Mumifizierung wohl mehrheitlich die Folge einer Bestrafung oder einer Opferung in meist vorchristlicher Zeit: In Irland scheinen einer Theorie zufolge erfolglose Könige nach ihrer Amtsenthebung in Sümpfe geworfen worden zu sein, wo sie dann unter Luftabschluss mumifizierten. Unter den zahlreichen auf dem europäischen Kontinent gefundenen Moorleichen finden sich aber auch augenscheinlich mit Bestattungsritualen dem Sumpf übergebene Tote. Die letzte solcher Moorbestattungen auf deutschem Boden war die des 1828 im Goldenstedter Moor (Niedersachsen) verstorbenen Kleinhändlers Jan Spieker.

(Text: Holger Diedrich)

Wollen Sie mehr über die Geheimnisse der alten Ägypter und ihrer Mumien wissen? Dann lesen Sie unsere Titelgeschichte von P.M. Fragen & Antworten 07/2020.