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Welche Kulte konkurrierten mit dem Christentum?

von
Painting, Art, Archaeology
Foto (C): akg-images / Rabatti & Domingie
In den ersten drei Jahrhunderten nach Jesu Tod hatte es das Christentum schwer im römischen Reich. Denn den Menschen stand eine Vielzahl von Göttern zur Wahl.
Sarah studierte Modejournalismus und Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem Weg zum Schreiben machte sie Halt bei Film und Fernsehen und im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, dem Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.

Autorin: Angelika Franz

Klingt doch vertraut, diese Geschichte: An einem 25. De­zember wird einer Jungfrau ein Kind geboren. Ein heller Stern kündet von dem Wunder und leitet die Gläubigen zur Stätte seiner Geburt. Die Ersten, die ihm huldigen, sind Hirten mit ihren Tieren. 

Es ist aber ganz anders. Das Kind, dessen Geburt der iranische Priester Zarathustra wohl schon im 1. Jahrtausend v. Chr. prophezeite, ist nicht etwa Jesus – sondern eine mythische Gestalt, die nach dem Tod des Gottessohns zu seinem größten Konkurrenten werden wird. Das Kind heißt Mithras.

Der mutige Mithras ist Lieblingsgott der Soldaten

Schon zu Jesu Lebzeiten ist dieser Gott im Römischen Reich sehr angesehen. Der Legende nach tötet er den Himmelsstier (Bild oben). Mit dieser mutigen Tat wird er zur populärsten Gottheit vor allem bei den Soldaten des Imperiums. Langfristig aber hat er das Nachsehen. Jesus stirbt zwar am Kreuz, gewinnt am Ende jedoch den Kampf um die religiöse Vorherrschaft – und begründet nicht weniger als eine Weltreligion.

Im 2. und 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung ist dieser Ausgang noch nicht abzusehen: Der wohl ursprünglich aus Persien stammende Mithras-Kult und der Jesus-Kult sind nur zwei von vielen Glaubensrichtungen, aus denen die Bürger des Römischen Reiches ihren Favoriten wählen können, passend zu ihren Vorlieben. 

Solange die Bürger in Rom dem Kaiser huldigen, dürfen sie anbeten, wen sie wollen.

Religiöse Toleranz wird großgeschrieben im kaiserzeitlichen Rom. Solange die Bürger dem Kaiser huldigen, dürfen sie anbeten, wen sie wollen. Und die Auswahl ist groß. Mit dem römischen Heer und den Händlern reisen nicht nur Truppen und Waren kreuz und quer durch die Provinzen des Weltreichs von Mesopotamien bis auf die britische Insel, sondern auch Ideen und religiöse Vorstellungen.

So kommen zu Jupiter, Mars und Venus allerlei iranische, ägyptische und germanische Gottheiten. Die römische Götterwelt wird so vielfältig wie die Bevölkerung des Imperium Romanum selbst. Manche alte Gottheit gelangt im Römischen Reich sogar erst richtig zur Geltung. Das gilt auch für Mithras. Sein Kult ist ausschließlich Männern vorbehalten und strikt hierarchisch organisiert, was ihn für Soldaten besonders attraktiv macht.

Viele Frauen verehren Isis, Göttin der Wiedergeburt

Frauen fühlen sich hingegen vor allem vom Kult der ursprünglich ägyptischen Göttin Isis angesprochen – manchmal zum Leidwesen ihrer Ehemänner. So klagt der römische Dichter Properz (um 50 bis etwa 16 v. Chr.) über die Treue seiner Geliebten zur Göttin der Geburt und Wiedergeburt: „Schon kehren die für mich so traurigen Feiertage wieder, schon begeht Cynthia die zehn Nächte (der sexuellen Enthaltsamkeit). Ach, wenn doch die heiligen Riten verschwänden, die vom warmen Nil her die Inachostochter den Frauen Italiens geschickt hat.“

Oft wird Isis in ihrer Rolle als Mutter des kleinen Horus dargestellt, auf einem Thron sitzend, mit ihrem Sohn auf dem Schoß. Horus wurde im frühen Ägypten besonders verehrt als Himmels-, Königs- und Lichtgott. Das Bild von Mutter und Sohn ist so emotional, dass es vom Christentum aufgegriffen und zu einem seiner zentralen Motive wird: die Mutter mit dem Jesuskind.

Jesus macht dem griechischen Gott Asklepios die Rolle als Heiler streitig

Populär ist auch der eigentlich griechische Heilgott Asklepios. Seit 289 v. Chr. steht sein Tempel auf der Tiberinsel. Die Obersten der Stadt haben den Kult aus Epidauros auf der Peloponnes nach Rom geholt, um mit seiner Hilfe die Pest zu bekämpfen. Asklepios heilt allerdings jede Art von Gebrechen: Wer an einer Krankheit leidet, kann im Tempel übernachten und bekommt der Legende nach im Traum die passende Behandlung vermittelt, eine besondere Diät oder aber eine spezielle Anwendung. Als Jesus 300 Jahre später einem Blinden das Augenlicht zurückgibt oder einen Gelähmten heilt, macht er damit dem älteren Heilgott den Aufgabenbereich streitig – und sich selbst für seine Anhänger attraktiv.

Wie das Christentum über die konkurrierenden Religionen siegte, lesen Sie in Ausgabe 01/2021 von P.M. History.