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Kann man Haut im Labor züchten?

1. Juli
Foto (C): dpa picture-alliance

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Patienten mit chronischen Wunden, die mit einem Stück Haut geschlossen werden müssen, können auf ein neues Verfahren hoffen. In Zukunft könnte künstliche Haut aus patienteneigenen Zellen gezüchtet werden.

Seit vielen Jahren schon bemühen sich Wissenschaftler, menschliche Haut im Labor wachsen zu lassen. Für Menschen mit großen Brandwunden oder solche mit Erbleiden – wie etwa jenen lebensbedrohlich erkrankten Jungen, der im Jahr 2015 in die Bochumer Kinderklinik kam. Bei dem damals Siebenjährigen hatten sich 60 Prozent der Haut aufgelöst, als Folge eines Gendefekts, mit dem der junge Patient zur Welt gekommen war. Epidermolysis bullosa heißt die Erkrankung, die obere Hautschicht (Epidermis) ist dabei nicht richtig in der darunterliegenden Dermis verankert. In besonders schweren Fällen bildet die Haut ständig Blasen und löst sich – so wie bei dem kleinen Jungen. Mit großen, teils infizierten Wunden war der Junge in die Klinik gekommen, und die Schäden an der Haut wurden immer größer. »Das war für uns eine kritische Situation, weil wir dem Jungen mit gewöhnlichen Therapien nicht mehr helfen konnten«, sagt Tobias Hirsch, heute plastischer Chirurg an der Fachklinik Hornheide und der Uniklinik in Münster. Er hatte den Jungen damals mit einem Kinderarzt in Bochum betreut.

Die Haut ist funktionell das vielseitigste Organ eines menschlichen oder tierischen Organismus

Weil seine Chancen zu überleben so schlecht waren, wählten Eltern und Mediziner gemeinsam eine experimentelle Therapie. Die Mediziner entnahmen dem kleinen Patienten ein vier Quadratzentimeter großes, noch unbeschädigtes Hautstück. Italienischen Wissenschaftlern gelang es zum ersten Mal, daraus Stammzellen aus der obersten Hautschicht (Epidermis) zu entnehmen, zu isolieren und aus ihnen im Labor Hautgewebe zu züchten. Darüber hinaus korrigierten sie in den Zellen den Gendefekt des Patienten mithilfe einer Gentherapie. Die zerstörte Körperoberfläche wurde durch die neue Hautschicht ersetzt, wie Hirsch und Kollegen im November 2017 im Fachjournal »Nature« berichteten. Der einst sehr kranke Junge geht heute wieder zur Schule, spielt Fußball und fährt Gokart. Künftig möchte Hirsch auch Brandverletzte mit im Labor gezüchteter Haut versorgen. Erste Studien an Patienten sollen bald beginnen.

(Text: Astrid Viciano)

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