Aus wie viel Abwasser bestehen deutsche Flüsse?

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Menschen, Kraftwerke und Fabriken benötigen viel Wasser. Nachdem es geklärt wurde, fließt das Abwasser zurück in die Flüsse

(Text: Susanne Donner)

Unserer Vorstellung nach führen Flüsse das Wasser von Quellen, die zunächst einen Bach speisen, der dann auf dem Weg zum Meer durch weitere natürliche Zuläufe zum Fluss anwächst. Doch dieses idyllische Bild stimmt heute so oft nicht mehr: Denn entlang der Flüsse wohnen viele Menschen, werkeln Kraftwerke und Fabriken, die viel Wasser brauchen. Geklärt fließt ihr Abwasser wieder zurück in den Strom. Zu welchem Anteil deutsche Flüsse aus solchen gereinigten Abwässern bestehen, hat der Wasserexperte Jörg Drewes von der Technischen Universität München berechnet.

Im späten Frühjahr und in den Sommermonaten führen die meisten Fließgewässer wenig Wasser. In nahezu allen Flüssen treiben dann zwischen 10 und 20 Prozent geklärte Abwässer. In der Nähe von Städten liegen die Anteile deutlich höher. Und es gibt sogar Flüsse wie den Neckar, den Nieder- und Mittelrhein wie auch die Ems, die in der warmen Jahreszeit teils zu mehr als der Hälfte aus Kläranlagen gespeist werden. »Dessen sind sich viele nicht bewusst«, sagt Drewes.

Die Flüsschen Panke und Erpe bestehen im Sommer fast vollständig aus Abwasser

Man könnte meinen, dass der Anteil der geklärten Abwässer bei kleineren Flüssen geringer sein müsste. Doch viele Klärwerke liegen etwas abseits der großen Ballungszentren; ihr »Klarwasser«, wie das geklärte Abwasser offiziell heißt, fließt nicht selten zunächst in kleinere Gewässer, die dann später in große Flüsse münden. 

So stellte ein Team um Dörthe Tetzlaff vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie in Berlin fest, dass die Flüsschen Panke und Erpe, die durch Berlin fließen, sich im Sommer fast völlig aus geklärtem Abwasser zusammensetzen. Und andere Forscher bemerkten erstaunt, dass die hübsche Holtemme in Sachsen-Anhalt sich zu zwei Dritteln aus Klärwerken füllt. In Zukunft werden die Anteile des Klarwassers in Flüssen vermutlich steigen, vermutet Drewes: »Da die Menschen mehr Wasser benötigen und die Grundwasserspiegel hierzulande langfristig sinken, wird sich die Situation leider noch zuspitzen.«

Der Artikel ist in der Ausgabe 06/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.