»Meeresschnee«: Darum schneit es im Ozean

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Foto: © Christian Winter
Mikroalgen bilden die Grundlage nahezu allen Lebens im Ozean. Was es mit dem »Meeresschnee« auf sich hat:

(Text: Tim Kavelage)

Schaut man sich einen Tropfen aus der oberen Wasserschicht der Meere unter dem Mikroskop an, dann wimmelt es dort von pflanzlichen Einzellern. Diese Mikroalgen, genannt Phytoplankton, bilden die Grundlage nahezu allen Lebens im Ozean. Sie werden von winzigen Krebstierchen, dem Zooplankton, gefressen – das wiederum in den Mägen von Fischen, Pinguinen oder Bartenwalen landet. Außerdem ernähren die Algen eine Vielzahl von Bodenbewohnern. Denn im Ozean fällt ein stetiger Partikelregen aus abgestorbenem Phytoplankton sowie den Ausscheidungen des Zooplanktons vom sonnigen Oberflächenwasser in die Tiefsee. Weil die Mikroalgen dabei zu großen Flocken verkleben, sprechen Forscher von »Meeresschnee«. Er ist unter anderem eine Futterquelle für Seegurken und Seesterne, die am Meeresgrund nach Essbarem suchen, oder für Schwämme, die Schwebstoffe aus dem vorbeiströmenden Wasser filtrieren. 

Klimaregulierung durch Phytoplankton

Doch ob tot oder lebendig: Das Phytoplankton steht nicht nur am Anfang der Nahrungskette im Ozean. Es reguliert auch das Klima der Erde. Denn die absinkenden Algenpartikel deponieren in den unteren Stockwerken der Meere große Mengen Kohlendioxid, die das Phytoplankton bei der Fotosynthese in Biomolekülen fixiert hat. 

Erreicht die flockige Algenbiomasse Tiefen von mehr als 1000 Metern, dann ist das Kohlendioxid für mehrere Hundert Jahre im Ozean gespeichert. Berechnungen zufolge wäre der Gehalt des Treibhausgases in der Atmosphäre ohne diese untermeerischen Schneefälle fast doppelt so hoch. Zu den besonders schneereichen Gebieten im Meer gehören die Gewässer vor der Küste Westafrikas und der Westküste Südamerikas. Dort bringt eine Strömung aus der Tiefe reichlich Nährstoffe an die Oberfläche, die das Algenwachstum ankurbeln.

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.