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Warum macht ein Forscher einen Lauschangriff auf Regenwälder?

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Mit Solarstrom betriebene Mikrofone in geschützten Wäldern melden verdächtige Geräusche per Funk an Ranger Foto: © Rainforet Connection
Ein junger US-Physiker hat vor fast zehn Jahren damit angefangen, Wälder mit leistungsstarken Mini-Mikrofonen abzuhören. Was steckt dahinter?

(Artikel: Minerva Fois)

Millionen Hektar Regenwald werden Jahr für Jahr abgeholzt – meistens klammheimlich, weil illegal. Wenn man den Holzdieben dieser Welt das Handwerk legen könnte, wäre also viel gewonnen. Schließlich brauchen wir die Urwälder so dringend wie nie, als natürliche CO₂-Senke zum Beispiel oder als Schutzraum für Vielfalt angesichts dramatisch schwindender Biodiversität. Doch vor Ort ist es oft schwer, den illegalen Holzfällern rechtzeitig auf die Spur zu kommen. Das Kreischen der Motorsägen bekommt fast keine Menschenseele mit – weil die Orte so abgelegen sind, aber auch weil die Waldgeräusche selbst alles andere als leise sind.

Aus diesem Grund hat ein junger US-Physiker vor fast zehn Jahren in den Wäldern der indonesischen Insel Sumatra einen gezielten Lauschangriff mit leistungsstarken Mini-Mikrofonen gestartet. Eine wasserdichte Hülle, ein kleines Solarpanel, ein bisschen Lötarbeit: Schon hat man eine autarke und mobil vernetzte Abhöranlage, die, in die Baumkronen der Urwaldriesen gehängt, sämtliche Geräusche im Umkreis von bis zu anderthalb Kilometern registriert.

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Installation eines neuen Überwachungsgeräts in einem Nationalpark in Chile
Foto: © Rainforest Connection

»Rainforest Connection«: Mittlerweile sind 483 Geräte in 22 Ländern installiert worden

Bei Ausreißern wie Sägengekreisch oder Motorheulen bekommt das Schutzpersonal des betreffenden Gebiets einen Alarm aufs Mobiltelefon. Die Information muss in Echtzeit fließen: Haben die Holzdiebe ihre Beute schon aufgeladen, wird eine Konfrontation viel schwieriger und gefährlicher. Erwischt man sie dagegen, wenn sie gerade die Säge ansetzen, geht die Sache meist glimpflich aus. Inzwischen funktioniert das System cloudbasiert und mit selbstlernenden Algorithmen, die verdächtige Sounds sofort herausfiltern.

Mittlerweile sind 483 Geräte in 22 Ländern installiert worden – die Non-Profit-Organisation »Rainforest Connection« treibt die Idee voran. So wird bis jetzt eine Fläche von fast 145 000 Hektar kontrolliert. Prinzipiell sogar von jedem: Eine kostenlose App überträgt die tropischen Klangkulissen live aufs heimische Smartphone. 

Der Artikel ist in der Ausgabe 11/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.