Was wurde aus dem Öl der Deepwater-Horizon-Katastrophe?

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Foto: US Coast Guard Photo / Alamy
Die größte Ölpest der Geschichte verseuchte mehr als 1500 Kilometer Küstenlinie. Auch Jahre später belasten unsichtbare Rückstände die Natur.

(Text: Tim Kalvelage)

Am 20. April 2010 kam es im Macondo-Ölfeld, rund 60 Kilometer vor der Küste des US-Bundesstaats Louisiana, zu einem sogenannten Blow-out. Schlamm und Gas schossen aus 1500 Meter Wassertiefe unkontrolliert zur Meeresoberfläche und eruptierten aus dem Bohrturm der Bohrplattform »Deepwater Horizon«. Das Gas verursachte Explosionen in den Maschinenräumen der Anlage. Als die brennende Bohrinsel zwei Tage später im Golf von Mexiko versank, riss das Bohrgestänge – und die größte Ölpest im Ozean nahm ihren Lauf: 87 Tage lang strömten rund 500 000 Tonnen Gas und fast 800 Millionen Liter Öl in die Tiefsee, bevor es gelang, das Leck am Meeresgrund zu stopfen.

Während der fast drei Monate andauernden Katastrophe verteilte sich das aufsteigende Öl auf einer Fläche von 150 000 Quadratkilometern. Leicht flüchtige Komponenten verdampften in die Atmosphäre, ein Teil des Ölteppichs wurde abgebrannt. Trotz aller Versuche, die Ölausbreitung einzudämmen, wurden mehr als 1500 Kilometer Küstenlinie verschmutzt. Und nicht nur an der Oberfläche verseuchte das Öl die Umwelt: Rund ein Viertel davon landete am Grund des Ozeans.

Bakterien bauten nur einen Teil des Öls ab

In der Ölquelle vier Kilometer unter dem Meeresboden herrschte enormer Druck. Am Austritt des Bohrlochs wurden Öl und Gas regelrecht atomisiert, wie bei einer Sprühdose. Eine fast unsichtbare Wolke aus feinen Tröpfchen und wasserlöslichen Verbindungen schwebte monatelang in der Tiefsee. Einen Teil des Öls bauten Bakterien ab, der Rest lagerte sich wie ein schmutziger Badewannenrand am Kontinentalhang des Golfs von Mexiko ab.

Große Mengen Öl endeten zudem infolge einer umstrittenen Maßnahme auf dem Ozeangrund: Um das Öl von der Küste fernzuhalten, wurden die Fluttore des Mississippi geöffnet.

Die Aktion hatte nicht den erhofften Effekt, spülte jedoch feinstes Sediment in den Golf von Mexiko und trat damit einen »dreckigen Schneesturm« los: Die mineralischen Partikel verklebten mit Öl und Plankton, das vor der Küste blühte, und ließen ölige Algenflocken massenhaft in die Tiefe schneien. Viele Tiefseebodenbewohner erstickten unter der zentimeterdicken, schmierigen Schneedecke.

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2021 von P.M. Fragen & Antworten erschienen.

Sarah studierte Modejournalismus und Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem Weg zum Schreiben machte sie Halt bei Film und Fernsehen und im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, dem Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.