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Wie lange erhalten Kirchen noch Staatsleistungen?

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Spire, Steeple, Tower
Blick auf Köln mit der Kirche Groß St. Martin (links) und dem Dom Foto: © ullstein bild - Unkel
Staatliche Zahlungen an die Kirchen gehen auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Die Ampelkoalition beabsichtigt nun, diese endgültig abzuschaffen

(Text: Dieter Möller)

Seit mittlerweile 103 Jahren wartet ein Auftrag aus der Weimarer Reichsverfassung von 1919 auf seine Umsetzung durch das Parlament. Dort heißt es in Artikel 138: »Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.«

Die angesprochenen »Staatsleistungen« sind Zahlungen an die Kirchen, die auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurückgehen. Damals hatten die Landesherren die Kirchen teilweise enteignet und ihnen damit die Basis für die Finanzierung ihrer geistlichen Aufgaben genommen. Im Gegenzug gewährten sie als Entschädigung sogenannte Staatsleistungen – zum Beispiel für die Gehälter des Personals oder für Baulasten.

Diese Regelung gilt bis heute fort. Denn obwohl der Auftrag aus der Weimarer Verfassung in das Grundgesetz der Bundesrepublik übernommen wurde, ist die Ablösung der Staatsleistungen bis heute nicht umgesetzt. Für dieses Jahr etwa zahlen die Bundesländer, ausgenommen Hamburg und Bremen, den evangelischen und katholischen Kirchen Staatsleistungen in Höhe von rund 600 Millionen Euro. Dazu gehört nicht die von den Finanzämtern eingetriebene Kirchensteuer, für die die Kirchen Millionensummen an den Staat entrichten, um den Verwaltungsaufwand der Finanzämter zu refinanzieren.

Die Ampelkoalition beabsichtigt, die Staatsleistungen endgültig abzuschaffen

Noch im Mai 2021 hatte der Bundestag einen Entwurf von FDP, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen für ein »Grundsätzegesetz zur Ablösung der Staatsleistungen« abgelehnt. Die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen beabsichtigt nun aber, die Staatsleistungen endgültig abzuschaffen.

Die Kirche werde sich einer Lösung nicht verschließen, sagt Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz. Sie müsse aber ausgewogen sein. Im Gespräch ist derzeit, so wie im abgelehnten Entwurf aus dem Vorjahr, das 18,6-Fache der aktuellen jährlichen Leistungen als Ablösegeld zu zahlen. Das entspräche etwa 11 Milliarden Euro. Der Bund muss nun einen Rahmen festlegen, in dem die Länder und die Kirchen über die genaue Summe und den Zeitraum für ihre Bezahlung verhandeln können.

Der Artikel ist in der Ausgabe 08/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.