Warum sagen wir… »Spießrutenlauf«?

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Verhielten sich Landsknechte, also Söldner des Heeres, im 16. Jahrhundert unehrenhaft oder begingen eine schwere Straftat, so drohte ihnen bei Verurteilung durch die Landsknechtsgemeinde das »Recht der langen Spieße« – und damit ihr Todesurteil. Die Delinquenten mussten dann eine Gasse von Spießträgern durchschreiten, die mit ihren spitzen Waffen zustießen. So bestraften sie die Schandtat und stellten die Ehre des Regiments wieder her. Dieser Spießrutenlauf, auch »Gassenlauf« genannt, wurde in den Armeen des 17. und 18. Jahrhunderts zum festen Bestandteil des Strafvollzugs im Militär. Er sollte vor Fehltritten abschrecken und diente der Truppe als Ventil, um Dampf abzulassen: Der Verurteilte wurde zum Prügelknaben. In der Gasse standen oft mehrere Hundert Soldaten, die mit Hasel- oder Weidenruten auf den entblößten Rücken des Verurteilten einschlugen, also nicht mehr wie einst mit Spießen. Bei der preußischen Armee wurde gar mit Steigbügelriemen geprügelt. Damit der Verurteilte nicht zu schnell lief, schritt ein Unteroffizier voraus und drückte ihm eine Säbelspitze auf die Brust. Konnte der Soldat nicht mehr gehen, wurde er auf Stroh gelegt und mit weiteren Streichen malträtiert. Die meisten Männer starben bei der Prozedur.

Ein echter Spießrutenlauf endete meist tödlich

Im 19. Jahrhundert wurde diese harte Strafe abgeschafft, zuerst in Preußen, später auch in Württemberg, Österreich und Russland. Als Begriff ist der Spießrutenlauf jedoch geblieben. Im übertragenen Sinne meint er heute eine Situation, in der jemand in der Öffentlichkeit Hohn und Spott, Beschimpfungen, Schikanen oder gar Übergriffen ausgesetzt ist. Bei den Geschehnissen in der Silvesternacht 2015 am Kölner Hauptbahnhof zum Beispiel hieß es in einem veröffentlichten Erfahrungsbericht der Polizei, die Frauen hätten einen Spießrutenlauf durch die Menge stark alkoholisierter Männer durchlaufen müssen.

(Text: Dieter Möller)

Sarah studierte Modejournalismus und Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem Weg zum Schreiben machte sie Halt bei Film und Fernsehen und im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, dem Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.