Wie können Ingenieure besser in den Tiefen der Erde bohren?

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Foto © Fraunhofer
Mithilfe des Micro-Turbine-Drilling-Systems lassen sich Fehlbohrungen in der Tiefe vermeiden. Das ist besonders für die Geothermie von großer Bedeutung

(Text: Jan Berndorff)

Die Geothermie – also das Anbohren warmer Wasseradern im Erdboden, um deren Energie fürs Heizen anzuzapfen – ist ab und an wegen Fehlbohrungen in der Kritik. In seltenen Fällen führen sie zu Erdbeben, Hebungen oder Senkungen des Bodens. In Staufen im Breisgau zum Beispiel gab es 2007 großes Aufsehen um Risse in Gebäuden, weil der Boden sich infolge einer Fehlbohrung in eine Gipsschicht wölbte. Deutlich häufiger allerdings – bei etwa 30 Prozent der Bohrungen – wird die angepeilte Ader einfach verfehlt, sodass kein Wasser gefördert werden kann. Dabei kostet eine solche mitunter kilometertiefe Bohrung mehrere Millionen Euro.

Dieses sogenannte Fündigkeitsrisiko ist eine große Herausforderung, wenn es darum geht, die Geothermie als zuverlässige, klimaschonende und günstige Energiequelle der Zukunft weiterzuentwickeln. Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) in Bochum haben nun eine mögliche Lösung erarbeitet: Eine Bohrturbine – klein wie ein Klebestift – soll im Hauptbohrloch an einem Hochdruck-Wasserschlauch hinabgelassen werden. 

Kleine Bohrköpfe durchlöchern den Boden und finden Wasser, das die Hauptbohrung verfehlt hat. Foto: © PR-Bild

das System arbeit mit eingearbeiteten Diamantkörnern

Durch eine spezielle mechanische Ablenkvorrichtung ist diese Konstruktion in der Lage, in Winkeln bis 45 Grad abzuweichen und in die Umgebung vorzustoßen. Mit mehreren Anläufen kann sie so in bis zu 50 Metern Umkreis um das Hauptbohrloch den Boden durchlöchern und den Einzugsbereich erheblich vergrößern. Wasser führende Risse und Klüfte, die man ursprünglich verfehlt hat, werden so doch noch für die Heizwassergewinnung erschlossen.

Das Micro-Turbine-Drilling-(MTD-)System besteht aus einem nur etwa 3,5 Zentimeter dicken und zehn Zentimeter langen Mikrobohrer aus Wolframkarbid mit eingearbeiteten Diamantkörnern. Es rotiert mit bis zu 80 000 Umdrehungen pro Minute und dringt bis zu drei Meter pro Stunde selbst durch härtesten Granit vor. Das Wasser, das die Mikroturbine antreibt, dient gleichzeitig auch zur Kühlung und zum Abtransport des Bohrstaubs.

Der Artikel ist in der Ausgabe 05/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.