Kann man im Weltall Archäologie betreiben?

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Für Fotografien aus dem Inneren der Raumstation ISS interessieren sich Neuerdings auch Archäologen Foto: © NASA
Ein Forschungsteam hat die Astronauten auf der ISS gebeten, von sechs Bereichen auf der Raumstation täglich ein Foto zu machen. Mit dem Projekt soll untersucht werden, wie sich Menschen an neue Lebensräume anpassen

(Text: Jan Berndorff)

Auf der Internationalen Raumstation (ISS) wird das sogar schon getan: von einer Arbeitsgruppe um Alice Gorman von der australischen Flinders University und Justin Walsh von der kalifornischen Chapman University. Statt allerdings Erdschichten abzutragen und so zu untersuchen, was zu unterschiedlichen Zeiten an einem Ort geschehen ist, haben die Forschenden die Astronauten auf der ISS gebeten, von sechs Bereichen auf der Raumstation täglich ein Foto zu machen. In den ersten 30 Tagen des Projekts nimmt die Crew die Fotos jeweils zur selben Zeit auf, in den folgenden 30 Tagen zu zufälligen ausgewählten Zeitpunkten. 

Die entsprechenden Bereiche sind mit Klebeband markiert. Die Auswertung der Gegenstände, die auf den Bildern zu sehen sind, beschreibt die Nutzung der Bereiche über einen bestimmten Zeitraum hinweg – ebenso wie bei Artefakten auf einer archäologischen Ausgrabung. 

Archäologie im All: Mit dem Projekt soll untersucht werden, wie menschen sich an neue Lebensräume anpassen

Schon früh konnten die Forschenden dabei einige unerwartete Nutzungen beobachten. So tauchen im Essbereich immer wieder Bücher auf – vermutlich weil Crewmitglieder gelegentlich allein essen und dabei lesen. Mit dem Projekt will das Team untersuchen, wie Menschen sich neue Lebensräume einrichten. »Wir glauben, dass es wichtig ist zu verstehen, wie Menschen sich an eine Umgebung anpassen, die sich sehr von derjenigen unterscheidet, in der wir Menschen uns entwickelt haben«, betont Projektleiter Walsh. »Das ist eine grundlegende anthropologische beziehungsweise archäologische Fragestellung.« Die neu entwickelte Methode kann zukünftig auch in anderen Bereichen angewendet werden, die für Archäologen nur schwer zugänglich sind – zum Beispiel auf einer Forschungsstation in der Antarktis oder auf extrem hohen Berggipfeln.

Der Artikel ist in der Ausgabe 08/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.